Donnerstag, 30. Mai 2013

Fragen an den Bezirksrat Kirchrode-Bemerode-Wülferode und an die Stadtverwaltung

Fragen aus der BZR-Sitzung KiBeWü 08.05.2013 sowie ein Brief von Hans Heintze in Folge des persönlichen und sachlichen Umgangs mit den Fragen.




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Hans Heintze                                                                                                     Hannover, 27.05.2013
Lange-Hop-Str. 146
30539  Hannover

Sehr geehrter Herr Bezirksbürgermeister Rödel,
sehr geehrte Mitglieder des Bezirksrats Kirchrode-Bemerode-Wülferode,

in der Sitzung vom 8.5.2013 habe ich einige Fragen an den Bezirksrat  und an die Stadtverwaltung gerichtet. Diesen Fragenkatalog habe ich Ihnen anschließend  in schriftlicher Form überreicht. Ein Teil der Fragen wurde unmittelbar von Ihnen, Herr Rödel, beantwortet;  zu diesen Antworten hätte ich gern Stellung genommen, dazu fehlte aber die Zeit. Diese Klarstellungen hole ich heute nach.

Zu  Frage 1 (Veranstaltung im Annastift):

1. Bevor Sie auf die Frage eingingen, begründeten Sie die geplante Veranstaltung mit der Notwen-digkeit, auf eine  Beunruhigung der Bürger einzugehen. Diese Beunruhigung sei hervorgerufen worden durch die Art, in der die Bürgerinitiative pro.Kronsberg  die Problematik  der Deponien und Altlasten öffentlich dargestellt habe, nicht zuletzt auch durch Behauptungen über gehäufte Krebsfälle in der Siedlung Seelhorst.
Diese Vorwürfe entsprechen nicht den Tatsachen und sind daher  falsch.
Die Bürgerinitiative hat sich in ihren Veröffentlichungen immer auf Fakten bezogen, die in öffentlich zugänglichen Quellen überprüfbar dargestellt worden sind, insbesondere in der Untersuchung des Umweltbundesamtes (UBA) sowie in hannoverschen Zeitungen der 70er und 80er Jahre (z.B. HAZ und „Maschseebote“).  Die Seriosität der Untersuchung des Umweltbundesamtes wurde auch von Herrn Mönninghoff öffentlich  in einer Sitzung des Bezirksrats im September 2012 bestätigt. Alle Warnungen der Bürgerinitiative vor den illegal in den Bemeroder Deponien abgelagerten Giften  bezogen sich auf diese Unterlagen. Sollten uns dabei Fehler unterlaufen sein, so müssten Sie uns das nachweisen – dann würden wir uns selbstverständlich korrigieren. Bisher sind Sie hier aber jeden Beweis schuldig geblieben.

Die Frage gehäufter Krebsfälle in der Siedlung Seelhorst  ist von der Bürgerinitiative bis heute nicht öffentlich erörtert worden. Um diesen Vorgang zu klären, möchte ich die mir bekannten Abläufe möglichst genau darstellen:

Das Thema kam zum ersten Mal zur Sprache,  als bei einer Veranstaltung von   „pro.Kronsberg“   eine Bürgerin ihre Sorgen über eine Häufung von Krebsfällen  in der Siedlung ansprach. Diese Bürgerin gehört der Initiative nicht an, ich kenne auch ihren Namen nicht. Selbstverständlich hatte sie das Recht, ihre Sorgen öffentlich zu äußern.

Sie, Herr Rödel,  haben dann sofort  diese Äußerung öffentlich scharf kritisiert, weil sie das Bild des Stadtteils schädige. Hier stellt sich die Frage:  Wird das Bild eines Stadtbezirks geschädigt, weil über ein Problem gesprochen wird -  oder weil ein Problem existiert, das schnell behoben werden muss?
Ich habe Sie noch in dieser Sitzung darüber  informiert, dass diese Bürgerin nicht Mitglied der Bürgerinitiative  sei, sondern offensichtlich ihre persönlichen Ängste und Beobachtungen geäußert habe. Meines Wissens sind Sie nicht auf diese Frau zugegangen, um sie nach näheren Fakten zu fragen. Ich bin sicher, dass ein solcher Schritt sinnvoll gewesen wäre.  Allerdings haben auch wir von der Bürgerinitiative diese Fragen nicht näher aufgegriffen; auch wir hatten Bedenken, dieses angst-besetzte Thema ohne nähere Informationen öffentlich zu erörtern. Später haben Sie den Vorwurf gegen die BI, das Thema gehäufter Krebsfälle hochgespielt zu haben, öffentlich wiederholt; ich habe Ihnen  ein zweites Mal widersprochen und den Vorgang  richtiggestellt.


Meines Wissens hat es dann während einer Mitgliederversammlung der  Siedlergemeinschaft ein Gespräch zu dieser Frage  gegeben; dabei sollen tatsächlich Berichte über Krebsfälle in der Siedlung Seelhorst spontan zur Sprache gekommen sein. Mir ist nicht bekannt, ob bisher eine systematischere Untersuchung geplant ist. Eine solche Untersuchung wäre sicherlich legitim, sollte aber mit einer
angemessenen Vorsicht und Diskretion gehandhabt werden.

Die Bürgerinitiative pro.Kronsberg hat sich möglicherweise selbst zu sehr zurückgehalten. Auf keinen Fall hat sie das Thema in der Öffentlichkeit hochgespielt. Diese Behauptungen sind rufschädigend und müssen aus der Diskussion verschwinden.

2.  Die Frage nach dem Namen und den Fachgebieten des eingeladenen Sachverständigen wollten Sie, Herr Rödel, zu meinem Erstaunen nicht beantworten. Sie argumentierten, es bestünde die Gefahr, dass gewisse Leute dann bei Google nachforschten, was der Sachverständige denn bisher getan habe.

Dieser Einwand überzeugt  mich gar nicht. Warum soll man sich nicht über einen Sachverständigen und die Art seines Sachverstandes (z.B. wissenschaftliche Schwerpunkte und Arbeitsgebiete) informieren dürfen? Wissenschaftliche Seriosität hängt von Transparenz und Überprüfbarkeit sowohl der Ergebnisse als auch der jeweiligen Methodik ab. Nur so kann auch in umstrittenen Fragen        Vertrauen zurückgewonnen werden. Einen geheimnisvollen Mr. X anzukündigen -  ein solches Vor-gehen  verstärkt eher die Skepsis, dass hier etwas verharmlost oder vertuscht werden soll.

Ich weiß nicht, wer diese Geheimhaltung, die niemandem nützt, beschlossen hat. Waren die Frak-tionen der beiden Bezirksräte daran beteiligt?  Hat Frau  Bezirksbürgermeisterin Ranke-Heck zuge-stimmt? Geht der Wunsch von „Mr. X“ aus?  Erfahren denn  wenigstens die Bezirksvertreterinnen und -vertreter den Namen und die Qualifikation des Sachverständigen? Warum wird der „mündige Bürger“ nicht informiert? Die Bezahlung des Sachverständigen erfolgt doch aus Steuermitteln!

Ich halte diese Entscheidung  für einen Fehler und empfehle  Ihnen,  sie schnellstmöglich zu korrigieren, damit wir  nicht länger um eine problematische Geheimhaltung streiten, sondern endlich  über die wirklich wichtigen Fragen sachgerecht diskutieren können.

3. Zur Frage, wie der Untersuchungsauftrag an den Sachverständigen laute, betonten Sie ausführ-lich, dass kein neues Gutachten geplant sei;  schließlich gebe es schon Gutachten, die nicht immer überzeugt hätten.  (Meine volle Zustimmung in diesem Punkt!).  Ich hatte allerdings nicht nach einem Gutachten, sondern nach dem Untersuchungsauftrag gefragt.

Sollten Sie allerdings  Formulierungen in einer Presseerklärung  der Initiative pro.Kronsberg über ein neues Gutachten gemeint haben, so muss ich Ihnen Recht geben:  Die in der vorigen Sitzung des Bezirksrats anwesenden Mitglieder der Initiative hatten Ihre Äußerung so verstanden, und hier ist nunmehr eine Klarstellung erfolgt, die wir berücksichtigen werden. Dennoch hoffe ich, dass die Äußerungen des Sachverständigen auch schriftlich erfolgen, damit man sie nachlesen und über-prüfen kann – auch ohne ein neues Gutachten.
Ich war aber doch von Ihrer Nebenbemerkung irritiert, die ich nur noch sinngemäß wiedergeben kann:  Der Sachverständige werde auch erklären, wie gefährlich es wirklich sei, wenn  „ein paar Krümel“  eines Gifts in der Deponie lagerten. Habe ich Sie da richtig verstanden, Herr Rödel?  Hier könnte wieder  der Verdacht entstehen, es sollte verharmlost  und bagatellisiert werden. Es geht  doch um zahlreiche Fässer mit hochgiftigen Chemikalien, viele davon mit Grundwasserkontakt!              
                                                     

Was wir brauchen, ist weder ein Herunterspielen möglicher Gefahren noch eine unsachgemäße Dramatisierung, die wir nicht wollen. Da wir alle in dieser Hinsicht Laien sind, benötigen wir hier Klärung durch unabhängigen Sachverstand.

Deshalb haben wir den Plan einer solchen Veranstaltung  begrüßt. Sollte aber der Eindruck einer Verharmlosungskampagne entstehen, wie wir sie schon  erlebt haben, so würde ein schwerer Glaubwürdigkeitsverlust entstehen, den wir uns alle nicht wünschen können. Und:  Eine sehr  spät erfolgende  Sanierung kann sehr teuer werden, wie man an der Deponie Morgenstern am Harz sieht.

Zu  Frage 2 (Sanierung des Spielplatzes Wülferoder Weg):

4. Auf diese Fragen antworteten Sie,  Herr Rödel, dafür sei der Bezirk Döhren-Wülfel zuständig. Das mag formal richtig sein, allerdings geht es hier um Überschneidungen, die sich auf beide Bezirke auswirken. Giftströme im Grundwasser machen nicht Halt an Stadtbezirksgrenzen, und eine riesige Halle wirkt sich ebenfalls auf das größere Umfeld in Hannovers Südosten aus.
Deshalb habe ich Sie gebeten, so etwas wie „Amtshilfe“  aus Döhren-Wülfel  einzuholen. Ich gebe den Fragenkatalog aber auch von mir aus an den Bezirksrat Döhren-Wülfel  weiter und bitte Frau Bezirksbürgermeisterin Ranke-Heck um die entsprechenden Auskünfte.

Zu  Frage 4 (Retouren der Fa. NETRADA):

5.  Diese Frage haben Sie fast heftig zurückgewiesen. NETRADA habe in der Info-Veranstaltung  mitgeteilt, dass  man heute dazu noch nichts sagen könne. Wegen des Zeitmangels am 8.5.2013  konnte ich auf diese Zurückweisung nicht mehr antworten. Ich habe mich aber bei den Mitgliedern von pro.Kronsberg vergewissert, dass die Frage der Retouren durchaus angesprochen worden ist. Demnach sollen große Teile des östlich  gelegenen Hallenabschnitts zur Bearbeitung der Retouren vorgesehen sein. Da dieser Hallenabschnitt in den nächsten Wochen eingerichtet werden wird (auch mit der nötigen Technik), muss die Firma mit Sicherheit konkrete Pläne entwickelt und zur Geneh-migung vorgelegt haben. Im übrigen ist  NETRADA  im Internet-Versandhandel mit Textilien erfahren und bearbeitet Retouren nicht zum ersten Mal.
Darauf beziehen sich meine Fragen, und ich wiederhole sie hiermit. Auch den Bezirksrat und Sie als Bezirksbürgermeister müsste doch die Frage interessieren, ob es hier ggf. zu zusätzlichen Belastun-gen der Umwelt durch Chemikalien und austretende Dämpfe kommen kann. Die Verwaltung wird Ihnen sicherlich auch ohne hohe Gebühren dazu Auskunft erteilen.

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6. Auf meine Informationen zur Frage der Gebühren bei Anfragen und Widerspruchsverfahren habe ich Antworten von Herrn Hellmann, Frau Stittgen und Herrn Jens Albrecht erhalten. Auf meine Anfragen an den Bezirksrat  Döhren-Wülfel wegen der  Artikel über „Arsen im Grundwasser“  haben die SPD- und die CDU-Fraktion geantwortet. Für diese  hilfreichen Reaktionen herzlichen Dank!

Ich schreibe diesen Brief in eigener  persönlicher Verantwortung, aber mit  Kenntnis des Vorstandes der Bürgerinitiative „pro.Kronsberg“, und ich wünsche mir, dass wir diese Probleme  weiterhin engagiert gemeinsam bearbeiten können, unabhängig von allen manchmal unvermeidlichen politischen Unterschieden.


Mit freundlichen Grüßen

gez.   Hans Heintze